7 Schritte zur erfolgreichen Customer Journey in Zeiten der Digitalisierung
«Wie viel Digitalisierung will denn nun der Kunde?» …Das wurde ich einmal gefragt, als ich freudestrahlend einer Geschäftsleitung unseren neuen Entwurf einer Customer Journey mit erhöhtem Digitalisierungsgrad vorstellte. Dieser war gemeinsam mit dem internen Projektteam erarbeitetet und durch Kunden geprüft.
Das Gefühl, was mich durchströmte, war eine Mischung aus Entzauberung, Schrecken, aber auch Verständnis und ein tiefes «Aha!». Für uns bei evux ist selbstverständlich, dass Digitalisierung nur Mittel zum Zweck ist und Kund:innen und Nutzer:innen sich dafür nur selten interessieren.
Meine vielleicht zu lakonische Antwort war in dem Fall: «Der Kunde interessiert sich nicht für Digitalisierung.» Das ist auch ein bisschen kurz. Aber wir finden doch alle umständliche Logins, unzählige Zusatzperipherien (z.B. TAN-Generatoren), komplizierte Fernbedienungen und die Verteilung von Information auf mehr als ein Gerät oder System ziemlich anstrengend. Schön wird doch das Ganze, wenn ich von diesen Schwierigkeiten nichts mehr merke.
Digitalisierung im Dienst der Customer Experience
Aus analog wird digital, aus manuell wird automatisch. So oder auf unzählige Arten wird Digitalisierung oder digitale Transformation verstanden und sie durchdringt alle unsere Lebensbereiche. So richtig macht sie uns aber doch erst Spass, wenn sie wirklich etwas vereinfacht, etwas Neues kreiert oder lose Enden verbindet. Aus der Kundenoptik gesprochen sind Integrationsprojekte, die IT-Landschaften vereinfachen, per se sicher nicht falsch. Sie gewinnen aber immens an Wert, wenn dadurch ein Kundenprozess merklich und wahrnehmbar vereinfacht und beschleunigt wird. Stehen Digitalisierung und digitale Transformation nicht im Dienst der Customer Experience?
Warum sollte ich nicht mehr beim Kundendienst anrufen, wenn es digital so schwierig ist, meine Adresse zu ändern? Öffnungszeiten von Kundendiensten machen mich persönlich nicht besonders an. Aber da erhalte ich wenigstens direkt eine Antwort, wenn ich denn nach der hübschen Glücksmelodie auch endlich mal einen Menschen am Apparat habe. Das eine wie das andere kann doch mit ein bisschen Empathie im Gestaltungsprozess der Kundenprozesse verbessert werden.
Mit Customer Journeys das Kundenerlebnis als Ist und Soll (be)greifbar machen
Um sich den Unstimmigkeiten in der Customer Experience zu widmen oder den Blick einmal darauf zu wenden, werden Customer Journeys eingesetzt. Diese durchaus sehr erkenntnisreiche Methodik kombiniert Befragungs- und Kreationstechniken, Workshopmethoden und Analyseaktivitäten zu einem erkenntnisreichen Ganzen. Und ganz ehrlich: das ist anstrengend, macht aber auch unglaublich Spass! Damit die Entwicklung einer Customer Journey auch erreicht, was sie erreichen soll, können Stakeholder durch den gesamten Erarbeitungsprozess involviert werden. Norman und Nielsen publizierten dazu ihren Artikel The 5 Steps of Successful Customer Journey Mapping. Wir stimmen ihnen weitgehend zu, würden ihre Schritte aber um zwei ergänzen.
Hier also sieben Schritte zur erfolgreichen Customer Journey oder Kundenreise:
1. Den Kundenprozess und die Beteiligten definieren
Was ist der Kundenprozess, um den wir uns kümmern wollen? Wer ist am Kundenprozess aus unserer Organisation am stärksten beteiligt? Wenn z.B. Kundendienstmitarbeiter:innen beteiligt sind, sollten diese auch an der Customer Journey mitarbeiten. Wer ist der Kunde oder die Kundin? Eine Empathy-Map kann helfen. Wer kann, sollte bereits hier die «typischen» Kund:innen nach ihren Bedürfnissen befragen, was hinsichtlich des interessierenden Kundenprozesses ihre «Sorgen» und «Wünsche» sind.
2. Wissensstand aufbereiten
Was wissen wir heute über das Kundenerlebnis? Hier helfen Analysedaten und Informationen aus vergangenen Marktforschungsinitiativen. Eventuell gibt es bereits Konkurrenzvergleichsinformationen aus unabhängigen Studien oder Aufzeichnungen im Kundendienst, Support oder beim Verkaufspersonal. Zapfe an, was anzuzapfen ist. Das Customer-Journey-Team sollte Interviews mit Stakeholdern führen, um zu erkennen welche Überzeugungen innerhalb der Organisation zum Kundenprozess existieren. Dann analysieren, inwieweit diese Überzeugungen belegbar sind.
3. Customer Journey entwerfen
Das kann in Workshops mit Stakeholdern oder dem Kundenerlebnis-Team passieren. Hilfreich dabei ist es, ein Phasenmodell zu verwenden. Phasenmodelle beginnen z.B. mit Anregungsphase und enden mit der Pflegephase. Es gibt jedoch unzählige solcher Modelle. Einzig wichtig ist: verwende nur ein Modell und wechsle es nicht ständig. Grundsätzlich gilt: je granularer das Phasenmodell, desto bessere Stützfragen lassen sich formulieren, um die gesamte Customer Journey auszulegen.
4. Untersuchungsbereiche festlegen und explorieren
Welcher Aspekt der entworfenen Customer Journey verlangt am stärksten nach Aufmerksamkeit? Hier sollten Informationen gesammelt werden – und zwar direkt vom Kunden. Technik der Wahl sind qualitative Interviews, wenn du nur wenig oder viele widersprüchliche Hypothesen über das Kundenerlebnis hast. Bist du dir recht sicher bereits zu wissen, wie und warum das Kundenerlebnis an dieser Stelle hakt, kannst du entweder direkt in eine Verbesserungserarbeitung starten oder – bisweilen verlangt das auch die interne Akzeptanz – eine Umfrage schalten, die den Beleg für deine Aussage erbringen kann.
5. Änderungen aufbereiten
Hast du etwas gelernt, was dich überrascht hat? Bist du überzeugt, dass es Aspekte gibt, die es herauszuschälen gilt? Mache die intensive Arbeit der Schritte zuvor sichtbar und visualisiere die Customer Journey. Das macht sie kommunizierbarer. Storyboard-artige Zeichnungen bis hin zum Video – es gibt viele Möglichkeiten, sichtbar zu machen, wo das Kundenerlebnis glücklich macht und wo es Potenzial hat. Eine Customer Journey hast du jetzt beisammen. Was nun?
6. Ideengenerierung
Design thinking, Idea Engineering, Design Studios – was du magst. Es gibt viele heitere Methoden, die komprimiert pragmatisch oder stärker systematisch neue Ideen generieren. Und dafür benötigst du vielleicht jemanden, der die Methode beherrscht. Teilnehmen kann jede:r und muss sich nicht durch besonders kreative Eigenschaften auszeichnen. Ist der Kundenprozess oder der Teil des Kundenprozesses so schlecht, dass eigentlich alles helfen würde, braucht es manchmal auch keine gesonderte Ideengenerierung, um die Soll-Customer-Journey aufzustellen.
7. Verbündete finden für die Customer Experience Roadmap
Wenn das Customer-Journey-Team crossfunktional ist (was es sein sollte), hat jede:r die Aufgabe, das Erarbeitete in die Organisation zu tragen. Dafür braucht es das richtige Artefakt – ob es wieder ein Storyboard ist oder doch ein Folienset, ein Film, eine Kombination daraus. Was nützt, das nutze. Ziel muss sein, dass klar ist, welche Massnahmen angestossen werden müssen, organisatorisch, ausbildungsbezogen, fachlich, technisch. Massnahmen und die Customer Experience Roadmap sollten eine:n Verantwortliche:n haben, der/die den Fortschritt im Auge behält. Das entbindet das Kundenerlebnis-Team nicht von der Kundenbrille und dem entsprechenden Enthusiasmus, den es in die Organisation tragen muss – genauso hartnäckig wie eine Erkältung.
Du möchtest dich über dein Kundenerlebnis unterhalten oder mit uns Ideen generieren? Komm einfach auf uns zu, wir freuen uns.