AI-Design? Macht das Sinn?
Wir hatten in unserem Blog «Nichts wird so heiss gegessen, wie es gekocht wird» aus dem Jahr 2018 bereits auf die Verschmelzung der Grenzen zwischen Mensch und Maschine hingewiesen. In unserem Hype Cycle für User Experience tauchte Artificial Intelligence jedoch noch nicht auf. Wie die Google Trend Analyse zeigt, haben in den letzten drei Jahren deutlich mehr Nutzer:innen als davor nach AI gesucht. Zum Vergleich: das wird auch deutlich häufiger gesucht als das Buzz-Word «Blockchain».
Im evux-Lab wollten wir nun konkret wissen, ob in naher Zukunft AI in den Berufsalltag des Gestalters Einzug halten wird. Sind die «artificial intelligence web design builder» praxistauglich? Oder wie könnte der Stand der Technik Designer:innnen bereits heute unterstützen?
Artificial Intelligence Web Builder Tools – erste Versuche
Website Builder Tools wie Medium, Readymag und Squarespace haben es bereits geschafft: Mit wenig Aufwand und ohne Designer können mit Hilfe von Templates ganz einfach Webseiten erstellt werden.
Bei Squarespace wählt man zum Beispiel das Template immer noch selbst aus und füllt später die Inhalte ein. Dabei müssen sich Benutzer:innen immer noch selbst für das passende Template entscheiden. Diese Templates sind zwar kategorisiert. Für speziellere Wünsche muss das Template aber selbst angepasst werden. Und oft erfordert dies trotzdem ein gewisses Mass an Design- und Layout-Fähigkeiten, damit diese neuen Inhalte zum Rest der Website passen.
Ein AI-Design Pionier?
Eine AI könnte zum Beispiel direkt Templates vorschlagen, die allen Bedürfnissen der Benutzer:in entsprechen. Diese Idee brachte 2014 ein Team aus Entwicklern dazu, «The Grid» ins Leben zu rufen.
2014 kam mit «The Grid» der erste grosse Hype für durch Algorithmen generiertes Design auf. «The Grid», damals noch ein Start-Up, versprach AI-generierte Inhalte, welche den Markt revolutionieren sollten. Das System würde Vorlagen und Stile für Inhalte auswählen und sogar Fotos retuschieren. Verwendet würden sogenannte A/B-Testings, um die geeigneten Muster auszuwählen. Die Reaktionen darauf waren jedoch gemischt. Code und Design wurden kritisiert. Die automatisierte Generierung der Inhalte ermöglichte Benutzer:innen kaum Spielraum in der Gestaltung.
Mit «The Grid» erstellte Websites erhielten so viel Kritik und enttäuschten Benutzer:innen derart, dass seit 2019 kaum noch Updates zu «The Grid» erscheinen. Zwar sei eine weitere Version «The Grid V3» geplant, doch es wird vermutet, dass ein solches Update nicht mehr erscheinen wird.
«The Grid» bot jedoch die Grundidee und den Startschuss für viele weitere Web Builder Tools, welche wir im Rahmen unseres evux-Labs untersucht haben.
5 AI-Design Tools im Vergleich
In unserem Test haben wir uns 5 Tools näher angesehen und miteinander verglichen:
Enttäuschendes Ergebnis: Alles fake? Viel reden um nichts? Oder einfach alles geheim?
Das Ergebnis unserer Recherche war enttäuschend. Viele Produkte führten uns in eine Sackgasse oder endeten bei einem Tweet mit Video.
Auf den Zug der Artificial Intelligence Tools aufzuspringen, klingt zukunftsorientiert und verlockend, doch viele Unternehmen unterschätzen den Aufwand. Die grösste Challenge dabei bleibt eine gute Qualität der Daten zu erreichen. Ebenfalls fehlt oft das Expertenwissen, wie diese Daten bestmöglich für das System aufbereitet werden müssen. Projekte scheitern also oft am unterschätzen Aufwand und der geplanten Zeit. Und genau über solche gescheiterten Projekte wird nicht gesprochen, sondern sie werden verschwiegen, um weiter den Hype zu füttern.
In unserer Recherche sind wir dabei immer auf zwei mögliche Outputs gestossen: Entweder wird durch eine Landingpage ohne genauere Angaben das Produkt präsentiert (zum Beispiel ukit.ai, 2021-09-06) oder das Tool funktioniert nur im Video (zum Beispiel voxmedia product, 2021-09-06). Zum anderen vermuten wir, dass hinter einigen Tools keine Artificial Intelligence, sondern ein Expertensystem oder ein einfacher Entscheidungsbaum steckt? Was denkt ihr?
Hoffnung bleibt: Artificial Design Intelligence (Wix ADI)
Das einzige Tool mit Potenzial, welches wenigstens einige unserer Erwartungen erfüllte, ist Wix ADI (Artificial Design Intelligence). Mithilfe weniger Fragen kreiert Wix ADI drei fertige Weblayouts für ein Re-Design unser evux.ch-Website mit Vorschlägen zu Inhalten, die vielleicht für die Seite relevant sein könnten. Nach der Auswahl können einzelne Abschnitte noch ganz einfach angepasst werden.
Die drei Vorschläge sehen jeweils sehr ähnlich aus, so dass es schwierig ist, sich für ein Design zu entscheiden. Die Bilder und Inhalte sind inspirierend und mit einem einfachen Klick können Inhalte aus einer bereits bestehenden Website eingefügt werden.
Design-Teams werden nicht ersetzt
Auf den ersten Blick sind alle wichtigen Elemente vorhanden: Footer, Header, Kontakte etc. Und die Site ist bereits auch schon für eine mobile Ansicht optimiert. Doch komplexere Elemente, wie sie auf der originalen Website zu finden sind, sind nur schwer oder in dem Editor nicht umzusetzen. In diesem Fall schränkt der Wix Editor die Gestaltungsfreiheit sehr ein. Nach mehreren Versuchen stellten wir auch fest, dass alle Designvorschläge sehr ähnlich aussehen. Zwar unterscheiden sie sich in Farbe und Inhalt, doch der Aufbau ist eigentlich gleich.
Für einfachere Konzepte und wenig Ansprüche ist die hier gezeigte Wix ADI aber durchaus eine zufriedenstellende Lösung. Da der Aufwand dafür sehr gering ist, lohnt es sich, einen solchen Editor einfach mal auszuprobieren.
Artificial Intelligence im Webdesign – so noch nicht.
Die Eingangs gestellte Frage: «Sind Artificial Intelligence Web Builder Tools bereits praxistauglich?» beantworten wir für uns und anhand unserer Ansprüche mit NEIN!
Stand heute: die Arbeit von Designern für ganze Website-Designs wird (noch nicht) durch eine Artificial Intelligence ersetzt. Gemäss unserer Recherche und Tests, sind wir noch weit davon entfernt.
Vielleicht haben wir uns jedoch die falsche Frage gestellt. Der Designprozess besteht aus vielen kleinen Schritten, iterativen Überarbeitungen und Verbesserungen der Zwischenprodukte. Es ist für uns noch offen, wie eine Artificial Intelligence uns bei diesen Arbeiten unterstützen könnte. Wir stellen uns daher ein neue Frage: «Wie können Designer:innen im Arbeitsprozess von Artificial Intelligence unterstützt werden?» Und wir berichten wieder darüber, also bleibt dran und folgt evux.