Gedanken über das Gespräch als Interface der Zukunft
Das für mich erste, nicht menschliche Gegenüber, mit dem jemand sprechen konnte und Antwort bekam, war K.I.T.T., wenn auch nur in der bekannten TV-Serie Knight Rider, aber hey, sowas von Zukunft! Heute sind wir längst bei Siri, Alexa und all deren Verwandten angekommen. Mein Auto versteht mich zwar immer noch nicht, wenn ich einen Strassennamen sprechend eingeben möchte, um nur nochmals kurz den Bogen zu den sprechenden Fahrzeugen zu schlagen, aber eventuell liegt das an meinem nicht ganz akzentfreien Hochdeutsch, an unseren lustigen Schweizer Strassennamen oder tatsächlich an der verbauten, nicht ausgereiften Technologie. Der Griff auf das Navi-Display, oder auf die zusätzlichen haptischen Knöpfe sind da ganz klar der schnellere Weg, wenn auch nicht ganz so cool und K.I.T.T.-mässig.
Siri versteht mich da schon ein wenig besser, aber die lernt ja auch mit jedem Update dazu. Hier stört mich eigentlich eher, wie dumm sie ist und wie wenig nahtlos ihre Übergänge zu Antworten sind. Gemäss Stone Temple ist Siri, im Vergleich mit anderen Sprachassistenten, jedoch die witzigste Assistentin.
Nebst den reinen Gesprächsinterfaces gibt es noch die etwas visuelleren Interfaces, welche ebenfalls zur Familie der Conversational Interfaces (kurz CI) gehören. Etwas Pionierhaftes, ja vielleicht sogar etwas Experimentelles haben für mich momentan die Chatbots. Pionierhaft, weil die meisten Konzepte versuchen, den Nutzer noch besser zum Ziel zu führen, oder noch einfacher abzuwickeln. Experimentell, weil ich als Nutzer gerne versuche, die Grenzen der Bots auszuloten. Wer sich selbst auf eine Expedition ins Chatbotland wagen möchte, kann das mal mit dem UXBear ausprobieren.
Wir haben also die reinen Sprachinterfaces auf der einen und die rein Visuellen auf der anderen Seite der Conversational Interfaces. Laut Typeform gibt es noch solche dazwischen, im sogenannten «sweet spot», wie sie es nennen. Also solche, die visuelle und sprachliche Kommunikation ermöglichen. Typeform hat dazu eine sehr verständliche Illustration.
Technology Imitates Art – The rise of the conversational interface
Aktuell lässt sich immer stärker der Ruf von Unternehmen nach neuen Kommunikationsmethoden hören. Sie landen dann fast gleich schnell beim Buzzword «Chatbot». Dass ein Chatbot wohl nicht die Lösung auf alle Kundenprobleme sein kann, verstehen viele Dienstleistungsanbieter leider nicht.
Bots an sich haben heute viele interessante Ansätze, aber auch noch rechte Unzulänglichkeiten. Sie verstehen kein Schweizerdeutsch, haben Schwierigkeiten mit komplexer Grammatik und reagieren für uns gefühlt unnatürlich. Das Interaktionskonzept und Design des Interfaces kann jedoch auch das Sinnvolle nutzen und durch vernünftigen Umgang mit den Erwartungen des Nutzers die Schwierigkeiten verschmerzbar machen. Dazu möchte ich euch gern 5 Gedanken mitgeben:
Don’t make me think!
Haben wir uns nicht alle an die schönen Chats von Whatsapp, Slack, Facebook und Co. gewöhnt? Also wieso nicht Bewährtes, respektive Gelerntes weiterverwenden? Nehmen wir als markantes Gegenbeispiel die Kommandozeilen-basierten Interfaces: Wollen wir das unseren Nutzern antun, nur um mit uns in Kontakt zu kommen? Nein, das wollen wir und unsere Nutzer nicht! Ich als Nutzer möchte also bereits verstehen, wie ich mit dem Interface zu agieren habe, in den besten Fällen kann ich bereits gelernte Eingabemethoden (Chatfenster und «Enter-Taste» für Senden etc.) wiederverwenden.
Gute CI ist nahtlos
Ist es nicht schön, wenn der Nutzer einfach nur zum Ziel findet, sei es ein gewünschtes Produkt oder auch einfach ein weiterer Prozess?
Der Nutzer soll jedoch nur soweit an die Hand genommen werden, wie es auch Sinn macht und tatsächlich einen Mehrwert bietet. Ist es beispielsweise sinnvoll, den Nutzer an die richtige Stelle zu begleiten und ihn hilfsbereit zu «triagieren», macht es doch eher wenig Sinn, den Nutzer beim Ausfüllen eines Formulars zu begleiten, frei nach dem Motto: «Fülle jetzt deinen Vornamen aus, jetzt deinen Nachnamen», und so weiter.
Hier drei Beispiele für misslungene CI-Konversationen aus dem Netz:
Bewusstsein für das Gegenüber schaffen
Auch wenn momentan alle Augen auf die Chatbots gerichtet sind, dürfen wir die eigentliche Konversation nicht vergessen. Ist der Kommunikationspartner künstlich, also zum Beispiel ein Bot, möchte ich doch wissen, womit respektive mit wem ich gerade kommuniziere. Also schreibe ich noch mit einem Bot oder beantwortet mir bereits der Kundendienst meine Fragen?
Ein Nutzerproblem lösen
Fragt beispielsweise der Nutzer nach dem Weg, kann ihm, nebst dem Wegbeschrieb auch gleich eine Karte angeboten werden. Genau hier habe ich das Gefühl, dass mich Siri manchmal ein bisschen zu sehr im Stich lässt – hätte ich die vorgeschlagenen Ergebnisse im Safari-Browser doch auch gleich selbst suchen können.
Erfahrungen der Nutzer mit einem UI berücksichtigen
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist es, dem Nutzer die Möglichkeiten und die Grenzen aufzuzeigen, was mit dem entsprechenden Interface geht und was nicht. Denn falsche Erwartungen an ein UI, sei es grafisch oder in der Art des Dialogs, können das Nutzererlebnis massiv stören. Ist es für mich doch eine grosse Enttäuschung, wenn mir die freie Kommunikation in einem Chat angepriesen wird und ich danach nur einzelne Antwortvorschläge klicken kann. Ist das nicht einfach Klicken statt Kommunizieren?
Die erwähnten Gedanken sind keinesfalls abschliessend. Wir lernen alle noch dazu und können zukünftige Anwendungsfälle noch von der (fast) grünen Wiese mitgestalten. Wie ihr bereits in den Gedanken gelesen habt, ist es mir ein Anliegen, auch hier bei allen Anwendungsfällen den Nutzer ins Zentrum zu stellen. Denn ohne Nutzer haben unsere zukünftigen Conversational Interfaces leider keine Chance, da können sie noch so K.I.T.T.-mässig sein und schlussendlich ist es dem Kunden und dem User Interface egal, welche Technologie dahintersteckt, haben doch beide in erster Linie Ansprüche an die Bedienbarkeit. Und das lässt sich wie üblich testen.