Ausgangslage
TrueCom Partners kam auf uns zu mit der Aussage: «Kein Projekt mehr ohne UX» und hat sich so direkt in unser Herz bewegt. Unser gemeinsamer Kunde ist eine typische grosse Organisation, deren Hauptaufgabe die Produktion, Bereitstellung (in Echtzeit), Suche, Anreicherung und der Vertrieb von digitalen Assets, namentlich Bildern, Videos, Logos, usw. ist. Die Problemstellung ergab sich technisch. Das bisher verwendete Werkzeug zur Verwaltung der Assets im Business stand plötzlich in Konkurrenz zu einem in der IT neu eingeführten Tool. Die Ursprungsfrage war, welches denn das bessere Tool wäre, um der Fragmentierung der Prozesse und Tools Einhalt zu gebieten.
Umsetzung
Um eine saubere Ausgangslage zu erarbeiten, nahmen wir uns mit TrueCom Partners vor, alle in der Organisation verfügbaren Systeme aus der Nutzerperspektive durch eine SWOT zu analysieren. Dies taten wir in Kombination mit vorbereitenden Recherchen und einem anschliessenden Workshop mit Nutzervertretern der relevanten Nutzergruppen (Content Manager, Fotografen, Asset Manager). Parallel analysierte TrueCom Partners die Systemlandschaft mit einem SEUSAG (die Analysemethodik lässt sich nachlesen), um die Grenzen unserer Betrachtung, Abhängigkeiten in den Rest der Organisation und In-Scope sowie Out-of-Scope zu klären. Die Einzel-SWOT-Betrachtungen der Systeme aus Nutzersicht zeigten eine Fülle von Usability-Schwierigkeiten, Modellierungsmängeln, aber auch Onboarding-, Ausbildungs- und Weisungsprobleme, schwerwiegende Security-Angelegenheiten, die durch zum Teil sogar organisatorisch unterstützte Workarounds entstanden. Wir konnten insgesamt etwa 15 kritische Use-Cases auflisten, an denen fast immer auch die Hände externer Partner beteiligt sind wie zum Beispiel Auftragsfotografen. Die SEUSAG-Analyse zeigte zudem von Stakeholder-Interview zu Stakeholder-Interview eine ständig wachsende Anzahl an beteiligten (Kleinst-)Systemen. Auch das eigene Intranet stellte sich als Quelle für die mehr oder weniger unkontrollierte Nutzung von Bildern dar, wobei Copyrights usw. verloren gingen.
SEUSAG ist eine Abkürzung für die Bestandteile des Systemdenkens: Systemgrenzen bestimmen, Einflussgrößen ermitteln, Unter- und Teilsysteme abgrenzen, Schnittstellen zwischen Unter- und Teilsystemen zu relevanten Umsystemen ermitteln, Analysieren und Gemeinsamkeiten in den abgegrenzten Unter- und Teilsystemen ermitteln. Ein SEUSAG kann also aufzeigen, wenn Systeme funktional oder datentechnisch überlappen, sich ausschliessen oder unverbunden sind.
Schritt zwei war dann ein Visionsworkshop auf der Basis der LEGO SERIOUS PLAY Methode. Als Einstieg stellten wir die Ergebnisse der SWOTs der Systeme vor, die wir als Kernsysteme des Digital Asset Management identifizieren konnten. Im Visionsworkshop gingen wir dann wieder in den typischen Phasen vor:
- Sich bauen trauen
- Eine erste «Metapher» bauen
- Ein individuelles Modell des zukünftigen Digital Asset Managements bauen
- Das gemeinsame Modell zusammensetzen
- Wichtige Voraussetzungen für das zukünftige Modell bauen und mit ihm verbinden
Das Ergebnis waren wieder einmal beseelte Menschen, die die Idee als eine gemeinsame vertreten können, überraschende gemeinsame Überzeugungen und tiefe inhaltliche Diskussionen.
Vom Denken zum Handeln: Die LEGO SERIOUS PLAY Methode hilft, die gebauten Gedanken zu verinnerlichen und sich auf diese einzuschwören. Unser gemeinsamer Kunde nach dem Tag: «Es war noch besser als ich gedacht habe! Das hat meine Erwartungen vollständig übertroffen!»
Ergebnis
Das überraschende Resultat besteht darin, dass wir zwei wesentliche Erkenntnisse transportieren konnten zum Erstaunen unseres gemeinsamen Auftraggebers:
- Die Gesamtvision sieht keinen technischen Single-Point-of-Truth vor, sondern einen «unified access» (möglicherweise basierend auf (Micro-)Services)
- Der Einbezug von externen Leistungsträgern darf in den IT-Architekturüberlegungen nicht der Ausnahmefall sein, sondern muss als Regelfall angenommen werden
Die Vertiefung und Lösungsausgestaltung obliegt nun den Umsetzungsvorhaben. Von der ursprünglichen Problemstellung, welches System das Bessere ist, sind wir bei der Gesamtgestaltung der Geschäftsprozesse gelandet und konnten das Gestaltungsdenken aus der Perspektive der Nutzer «pilotieren».